Am 3. Oktober nutzte der Pfarrverband den arbeitsfreien Tag für den jährlichen Ausflug der Pfarrgemeinderäte, Kirchenverwaltungen und anderen ehrenamtlich Tätigen. Treffpunkt war die Wallfahrtskirche Marinus und Anianus in Wilparting am Irschenberg.
Dort startete eine „Reise von den Ursprüngen des Christentums in die Moderne“. Katharina Hauer begrüßte die Reisenden aus Prutting, Schwabering, Vogtareuth und Zaisering, und wer sich an die Vorjahresfahrt nach Salzburg erinnerte, bekam gleich leuchtende Augen, als sie Dr. Monika Loy aufrief, die uns von Legende, Geschichte und den Besonderheiten von Ort, Reliquien und Architektur erzählte und uns für künftige Gelegenheiten auf den Wanderspaziergang in die „Schlucht“ zur Anianus-Eremitage ansetzte. Sie macht das herausragend gut und interessant, klare Linien ziehend und Zusammenhänge ausdeutend, an Vertrautes anknüpfend (etwa St. Marinus und Anianus in Rott) und Neues daran anbindend, dass man im Nachhinein staunt, wie viel Wissenswertes sich hier sinnfällig zusammenfügt.
Nach der Besichtigung der Kapelle, die uns der Mesner freundlicherweise aufsperrte, machten wir zuerst nebenan beim Dinzler Kaffee-und-Kuchen-Station, bevor es weiterging nach Holzkirchen. Dort erwartete uns nämlich schon Matthias Hefter. Er ist langjähriger Pfarrgemeinderatsvorsitzender und seit März offenbar ganztägig Reiseführer durch den Kirchenneubau von St. Josef. Der Vorgängerbau von 1962 (den aus unseren Reihen Uschi März noch gut kannte) musste aus statischen Gründen 2011 von jetzt auf gleich gesperrt und 2014 abgerissen werden. Aufgrund einer Ausschreibung, in der die Pfarrei ihre Anforderungen klar formulierte (energetische Nachhaltigkeit, Altarinsel etc.), schuf der Münchner Architekt Eberhard Wimmer zwei miteinander verbundene, aufeinander bezogene, schief gestellte, stumpf gekappte Kegel: eine Kapelle und eine Kirche. Die ist ziemlich großartig.
Tritt man zum ersten Mal in die neue Kirche St. Josef, hat man geradezu ein sinnlich-körperliches Offenbarungserlebnis: Das Licht von oben hebt den Blick; und weil das Auge sich an den gedrehten geometrischen Holzbaustrukturen, die die Schräge hervorbringt, täuschen lässt, kann einem Menschenkopf schier schwindlig werden, umso mehr als dieser Kopf kaum begreifen mag, wie das Gotteshaus von außen zuerst so einfach, linienklar und überschaubar, innen aber so emporjubelnd, gewölbt und riesengroß sein kann. Wer dann noch einige Schritte Richtung Altar macht, verliert vollends den Boden unter den Füßen und fühlt sich wie von einer geheimnisvollen Kraft angezogen – der Grund dafür ist eine leichte Bodenneigung. Matthias Hefter erzählte und zeigte uns seine Kirche in einer Weise, die kaum anders als „beseelt“ zu nennen ist. Entsprechend tief beeindruckt waren die Reisenden aus dem Pfarrverband. Die Akustik ist offenbar gut, eine Teststimme trägt klar und wie von selbst. Vermisst wurde aus unseren Reihen allerdings ein Kruzifix mit Corpus.
Persönlich halte ich das Ganze, jenseits aller Zitatbezüge vom Pantheon bis zu den Bergen des Blauen Reiters, vor allem für eine ganz wunderbare Blaise-Pascal-Kirche und bin überzeugt, dass der Tiefgläubige des Kegelschnitts daran seine helle Freude gehabt hätte (und ich verweise an dieser Stelle gern auf den Naturwissenschaftsvortrag von Pfarrer Andreas Zach; dieser kommt übrigens am 18. Oktober noch einmal zu uns, diesmal nach Prutting). Wer in Holzkirchen vorbeikommt, sollte St. Josef unbedingt besuchen, bis dahin kann man sich anhand des Online-Bautagebuchs und von dessen weiteren Links sowie der hochinteressanten 360-Grad-Panoramen und (Zeitraffer-)Videos von Abriss und Bau einen ganz guten Eindruck verschaffen – mit einer (großen) Einschränkung: St. Josef ist nicht nur etwas zum Sehen, das muss man erleben.
Bei einem feinen Abendessen und viel angeregter Ratscherei klang der Ausflug im Otterfinger Gasthaus Baumann angemessen aus. Prutting hatte in geistesgegenwärtiger Voraussicht für Monika Loy sogar noch einen Gartengeschenkkorb vorbereitet und überreichte ihn der Überraschten unter allgemeinem Applaus, sodass dieser Tag aus der Moderne noch einmal zu seinen einsiedlerischen Anfängen zurückkehren durfte.
Florian Eichberger
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