Glaubenszeugnis

Was du gesehen hast

Es gibt mittlerweile zwei Filmdokumentationen ĂŒber die selige Chiara Badano. Die eine (2012) hat Michael Leberle, unser Diakon in Ausbildung, selbst produziert, die andere (2010) brachte er am 29. Oktober mit ins Vogtareuther Pfarrheim.

Genau an diesem Tag wĂ€re Chiara Badano 50 Jahre alt geworden, wenn sie nicht am 7. Oktober 1990 an Knochenkrebs gestorben wĂ€re. Dass wir diesen Geburtstag im kleinen Kreise begingen, tat dem Abend keinen Abbruch, im Gegenteil: Er sollte fĂŒr die wenigen, die gekommen waren, ein ganz besonders berĂŒhrendes Erlebnis werden.

Michael Leberle beim Chiara-Badano-Abend am 29.10.2021 in Vogtareuth

ZunĂ€chst erzĂ€hlte Michael Leberle, der in der Fokolar-Bewegung aktiv ist, wie Chiara es war, von seinem persönlichen Zugang: wie er selbst nach Sassello kam, wie er in der Bar Gina das Bild der Seligen sah, wie er die Eltern kennenlernte und wie es sich anfĂŒhlt, wenn man heute das ehemalige Krankenzimmer betritt. Der Dokumentarfilm ließ dann Chiara selbst zu Wort kommen, im Spiegel ihrer Briefe, der ErzĂ€hlungen der Eltern, der Freundinnen und Freunde – und im Bericht von der wundersamen Heilung des Buben aus Triest, der lĂ€ngst erwachsen ist und unsicher scheint, wie man als Gegenstand eines FĂŒrbittwunders und Kirchenbeleg einer Seligsprechung in die Kamera blicken soll. Es sind – vom Glaubenszeugnis Chiaras ganz abgesehen – solche kleinen Dinge am Rande – wie dieser seltsam verlegene Blick oder der auf den Fotos wiederkehrende Lieblingspulli oder das Herumalbern einer kahlköpfigen Chemopatientin –, in denen der Film uns mitunter ganz ĂŒberraschend packt und ans Herz fasst.

Als das Licht wieder anging, gab uns Michael Leberle etwas Zeit fĂŒr Gebet und Besinnung – und fĂŒr Fragen und eigene Wahrnehmung. Und dann begann unvermutet der zweite Teil des Abends.

BĂ€rbel Pillath war da, sie hat selbst einen Sohn verloren, der ganz Ă€hnlich nach langer, bitterer Krankheit mit 16 Jahren starb, der Eltern und Familie zuletzt entschlossen sagte, jetzt gehe er „hoam“ und damit nicht nach Vogtareuth meinte. Sie erzĂ€hlte aus dem Krankenhaus, von der Zeit, die viel lĂ€nger ist, als sich erzĂ€hlen lĂ€sst, vom Besuch des Geistlichen und vom Kreuz, das der Bub nicht mehr aus den HĂ€nden ließ, las aus der Predigt zum Requiem vor, das keine Trauerfeier, sondern eine Auferstehungsfeier sein sollte und war. Sie erzĂ€hlt das alles durchaus heiter, offen, fest und gewiss, denn „wenn’s beim BegrĂ€bnis immer heißt ‚unser Glaube, unsere Hoffnung‘ – ich weiß es.“ Und das stimmt. Wir waren da und haben es in ihrem Gesicht mit eigenen Augen sehen können, dieses Glaubenszeugnis.

Im Nachhinein haben die Doris und ich – weil man immer auch hilflos ist, wenn man so erschĂŒttert ist – uns das etwa so vorgestellt: dass man den Leuten ansehen kann, was sie gesehen haben. Wer einen gesehen hat, der schon ein StĂŒck vorausgegangen ist und um die nĂ€chste Ecke sehen kann. Wer mit ihm nachgeht, kann selbst noch nicht um die Ecke sehen, aber in seinem Gesicht sehen, dass es groß und wunderbar ist, was er sieht. Und gar nicht weit weg, sondern ganz in der NĂ€he, nur um die Ecke.

Vielen, vielen Dank dafĂŒr!

Florian Eichberger
im Namen derer, die da waren

Das FĂŒrbittbuch in St. Emmeram, Vogtareuth
Die meisten, die ins FĂŒrbittbuch von St. Emmeram schreiben, haben Angehörige, oft Kinder, in der Schön-Klinik.

Veröffentlicht in Glauben, Vogtareuth.

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