Wir hatten ja von Tuten und Blasen keine Ahnung und wussten nicht, was uns bei der Sprichwörter-Stadtführung, zu der die Frauengemeinschaft Vogtareuth für den 28. Oktober eingeladen hatte, erwarten würde. Aber die elf Teilnehmer packten bei herrlichem Herbstwetter die Gelegenheit beim Schopfe und ließen sich den heiteren Spaziergang durch die Stadt nicht durch die Lappen gehen.
Stadtführer Thomas Rothmaier schenkte uns bei seinen heiteren idiomatischen Ausführungen stets reinen Wein ein und plauderte zur Stadtgeschichte gekonnt und amüsant aus dem Nähkästchen.
So war es für alle Bäcker der Stadt bis 1912 verpflichtend, ihre Ware nur am Brothaus, dem heutigen Rathausplatz, zu verkaufen. Dieser Brauch wurde sogar freiwillig bis 1975 fortgeführt. Qualität, Preis und Abgabemengen wurden von der Brothüterin streng überprüft und fällige Abgaben auf das Kerbholz geritzt. Bei Verfehlungen wurde manchem Übeltäter ein Denkzettel verpasst und er wurde, wie andere Halunken auch, an den Pranger am Rathausgebäude gestellt. Unser Spaziergang führte weiter in einen der bemerkenswerten Innenhöfe der Stadt.
Für weit gereiste Händler war ein Innenhof ein guter Ort, unbeobachtet den Geschäftspartnern bare Münzen (als Knöpfe am Mantel angenäht) abzuknöpfen, war dieser nicht mit allen Wassern gewaschen oder zu blauäugig.
Wasserburg, eine Stadt in klassischer Inn-Salzach-Bauweise war seinerzeit durch die günstige Lage am Inn der Hafen von München. Durch den regen Salz- und Warenhandel konnte sich die Stadt schon früh gepflasterte Straßen und Gassen leisten, sie war also steinreich und so manch gut situierte Bürger legten sich ihre Gulden auf die hohe Kante (auf den Baldachin ihrer Bettstatt).
Dennoch erlebte die Stadt beim Bau der Jakobskirche ihr blaues Wunder, als die Kapitalgeber auf den Hund gekommen waren. Am Boden von Geldtruhen waren damals nämlich fletschende Hunde aufgemalt oder geschnitzt. Wurde die Truhe langsam leerer, war man letztlich auf den Hund gekommen. Wegen Geldmangels erreichte der Turm nur etwa die Hälfte der ursprünglich geplanten Höhe.
Beim Blick auf die Uhr des Stadtturms kam uns etwas recht spanisch vor. Sollte uns hier ein X für ein U vorgemacht werden? Auf dieser Uhr zeigt der kleine Zeiger die Minute und der große Zeiger die Stunde an.
Früher war es den Leuten nur wichtig, welche Stunde es geschlagen hat. Es genügte ein großer Zeiger, der weithin sichtbar war, damit man auf dem Laufenden blieb. Im Zuge der Industrialisierung wurde das Leben immer schneller, und auch die Technik machte die Minutenanzeige auf der Uhr möglich. Um 1750 wurde kurzerhand ein kleiner Zeiger für die Minuten nachgerüstet, und mancherorts bis heute so beibehalten. Übrigens: Am Zaiseringer Kirchturm geht die Uhr ebenfalls noch anders; solche Uhren gelten inzwischen als eine Rarität.
Nach dieser unterhaltsamen Führung passte es uns sehr wohl in den Kram, den Backkünsten im Café Backstube mittels einer Tasse Kaffee auf den Zahn zu fühlen.
Christine Bernhard
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