Die Veröffentlichung des Missbrauchsgutachten erschüttert die Institution Kirche. Die Wellen schlagen berechtigterweise hoch. Viele Kirchenaustritte werden befürchtet. Mit dem Austritt will man zwar der Kirchenobrigkeit ein Zeichen setzen, zugleich ist es aber auch wie eine Watschn in den Pfarreien, in denen so viel Gutes passiert.
Am 20. Januar 2022 wurde das von Reinhard Kardinal Marx in Auftrag gegebene Missbrauchsgutachten für die Erzdiözese München-Freising für die Jahre 1945 bis 2019 veröffentlicht. In diesem Gutachten wird den damals zuständigen Verantwortungsträgern (Generalvikaren, Bischöfen, Kardinal Ratzinger etc.) das verheerende Zeugnis ausgestellt, ein System des Wegsehens, Vertuschens und Ignorierens unterstützt und dadurch noch mehr Leid und sexuellen Missbrauch ermöglicht zu haben.
Der Betroffenenvertreter Matthias Katsch von der Initiative Eckiger Tisch sagte bei der Vorstellung in München: „Ich bin ehrlich gesagt tief bewegt, zwölf Jahre sind wir jetzt dran, und wir haben gerade erlebt, wie das Lügengebäude um Benedikt herum, um die Weltkirche herum, krachend zusammengefallen ist.“ Jetzt gehe es darum, dass Betroffene Gerechtigkeit erfahren.
Es war abzusehen, dass dieses Gutachten sehr schwere Kost mit sich bringt. In dem Gutachten geht auch hervor, dass seit dem Jahr 2010 Besserungen zu erkennen sind. Man kann nur hoffen und eindringlich fordern, dass sich bald Gewaltiges tut, in dieser schwerfälligen und dringend reformbedürftigen Institution.
Was kann ein Christ in diesen Krisenzeiten machen? Aus der Kirche austreten? Diesen Gedanken haben sicherlich viele von uns schon mal gehabt. Aber was ist dann? Jeder Kirchenaustritt ist auch wie eine Watschn gegenüber den Ehrenamtlichen vor Ort. Da passiert so viel Gutes, auch wenn man selbst vielleicht eher nur „passives Mitglied“ in einer Pfarrei ist. Schade ist es auch um alle „guten“ Angestellten der Kirche.
Das Christentum ist auf der ganzen Welt vernetzt. Es bietet uns einen Blick über den Kirchturm hinaus. Der Weltgebetstag, der jedes Jahr am ersten Freitag im März auf der ganzen Welt gemeinsam gefeiert wird, ist bestes Beispiel für die Zusammengehörigkeit aller Gläubigen.
Wie lange haben wir noch Geduld mit der Institution Kirche?
Für Schwabering kann ich behaupten, dass in unserer Pfarrei schon immer NICHT der Blick auf die Institution Kirche und die Entscheidungen in München und Rom im Vordergrund stand. Wir, der aktuelle Pfarrgemeinderat, und auch unsere Vorgänger haben schon immer versucht, ein aktives christliches Leben in der Heimatpfarrei zu ermöglichen. Das haben uns unsere Vorgänger vorgelebt, und das wollen wir auch weiterhin so leben. Die Gemeinschaft vor Ort und unser Glaube an Gott sind uns wichtiger als die Institution Kirche, auf die eh keiner mehr Lust hat.
Und wenn mal wieder am Stammtisch so richtig über „die Kirche“ geschimpft wird, können wir mit gutem Gewissen sagen: „Du kannst berechtigterweise über die Institution Kirche schimpfen – aber wir hier vor Ort erleben immer wieder eine kleine feine Gemeinschaft, in der so viel Gutes passiert! Und das wollen wir uns nicht nehmen lassen.“
Und so möchte ich euch alle motivieren, mitzumachen, sich einzubringen und diesem „frischen Geist“, der immer wieder in der Schwaberinger Kirche zu spüren ist, weiterhin Schwung zu verleihen.
Christine Eckl
Pfarrgemeinderatsvorsitzende St. Peter, Schwabering
PS: Ein ausdrücklicher Dank gilt unserem pastoralen Team um Pfarrer Guido Seidenberger, Gemeindereferentin Katharina Hauer und Diakon Eugen Peter, die Traditionen bewahren und trotzdem immer auch offen für Neues sind und ihr Herz am rechten Fleck haben.
PPS: Auch Pfarrer Guido Seidenberger will mit den Menschen in unserem Pfarrverband diesbezüglich ins Gespräch kommen. Hierzu ist auch ein Filmabend mit anschließendem Austausch und Gespräch geplant. Nähere Infos folgen demnächst.
Der Link zum Download des aktuellen Gutachtens steht auf https://westpfahl-spilker.de/aktuelles.
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