Der Organissimo-Abend am 9. Februar in Prutting war eine Live-VideoĂŒbertragung von der Orgelempore, passend eröffnet mit der Eurovisionshymne. Auf das feierliche Te-Deum-Prelude folgte ein nĂ€rrisch-musikalischer Fernsehkrimi.
Felix Spreng hatte diesmal tatsĂ€chlich eine Kamera organisiert, deren Bilder in Echtzeit auf der Leinwand vor dem Altarraum zu verfolgen waren. So konnte er bereits mit Stummfilmtrauermine die abgefallenen Registertasten in Szene setzen, als Diakon Hans Mair pĂŒnktlich um 19:19 Uhr die Zuhörer und Zuschauer begrĂŒĂte. Denn der Pruttinger Spendenzweck dieses Faschingsbenefizkonzerts war der Orgelneubau in MariĂ€ Himmelfahrt. Am 26. Juli 2017 hatte sich hierfĂŒr eigens ein Orgelbauverein gegrĂŒndet, dem der âOrgelfelixâ, zugleich Kirchenmusiker fĂŒr Prutting und Schwabering, als Erster Vorsitzender dient. Noch tut es das elektropneumatische Instrument zwar, aber demnĂ€chst werden die Reparaturen teurer als ein Neubau; der Blasebalg hĂ€lt kaum mehr die Luft, auch die Windlade wackelt, und die Register geben eins nach dem anderen den Geist auf. Deshalb hat auch der OrgelsachverstĂ€ndige der Erzdiözese MĂŒnchen und Freising dazu geraten, einen Neubau nicht mehr auf die lange Bank zu schieben.
TatsĂ€chlich gelang dieser medial-didaktische Kunstgriff bestens. âIch hab gar nicht gewusst, wie komplex so eine Orgel istâ, flĂŒsterte eine Damenstimme hinter mir. Den Ohren der KirchgĂ€nger fĂ€llt es sonst ja nicht auf, wenn die Organisten an ihrem Instrument verzweifeln. Am 9. Februar aber war mit eigenen Augen zu sehen, wie Spreng die Tasten zu Chatschaturjans âSĂ€beltanzâ hĂŒpfen lieĂ, sich eine Hotelklingel als virtuose Zeilenschaltung fĂŒr Leroy Andersons âThe Typewriterâ auf den Oberschenkel klebte, mit einem FuĂ auf dem Pedal demonstrativ DĂ€umchen drehte und mit blanker Klinge zwischen den ZĂ€hnen die Moritat von Mackie Messer drehorgelte. Wer den Querfeldeingalopp der Organissimo-Konzerte aus vergangenen Jahren kennt, dem musste dabei auffallen, in welch erschreckendem AusmaĂ der Mensch ein Augentier ist: Sobald wir etwas zu sehen bekommen, hören wir Musik fast nurmehr als Hintergrund.
Dabei holte Felix Spreng wirklich alles aus der Orgel heraus, die so vieles sein kann: Zirkuskapelle mit FuÄĂks âEinzug der Gladiatorenâ und Wiener Operettenorchester (bei SuppĂ©s âBanditenstreichenâ), Leierkasten und Tanzmusik, feuriger Torero-Marsch (âCarmenâ) oder ganz ausatmendes Gutenachtlied (âTrumpeterâs Lullabyâ); sie kann sich als âPink Pantherâ anschleichen oder mit fernen Trompeten heranrĂŒcken (in Verdis âAidaâ-Marsch), sie schaltet vom Triumphzug auf funĂšbre Pedalfinsternis, bis âAlso sprach Zarathustraâ die Sonne aufgehen lĂ€sst, spannt unendliche âStar Warsâ-Weiten auf, kann grollen und donnern, trĂ€llern und gemeinsam mit dem Organisten pfeifen (âEin Student geht vorbeiâ) â und sie macht, wenn es sein muss, im Handumdrehen Klaus Doldingers âTatortâ-Titelmelodie zu 1A-Kirchenmusik. Gleich einen ganzen StrauĂ von Film- und Fernsehmelodien hatte der âOrgelfelixâ im Programm, von den James-Bond-Halbtonschritten ĂŒber das Action-Thema von Mission Impossible bis hin zum vergnĂŒgten Cembalo, das uns Margaret Rutherford als Miss Marple ankĂŒndigt.
Auf diese Weise fĂŒhrte der Abend trotz Bildleinwand doch immer zum staunenden Hören zurĂŒck â auch weil der Programmzettel die StĂŒckfolge als munter verrĂ€tselte Ohrenralley anbietet. Felix Sprengs Organissimo-Reihe geht mittlerweile ins achte Jahr und hat damit lĂ€ngst bewiesen, dass dieses besondere Faschingsformat genau richtig ist. Das fand auch das Pruttinger Publikum, und es klatschte gerne mit, als sich das Nationalhymnen-Medley zum Radetzkymarsch klĂ€rte, klatschte begeistert weiter, bis Spreng als Zugabe noch Jacques Offenbachs âOrpheusâ-Cancan drauflegte, und rief zuletzt den KĂŒnstler von der Höhe herab, um ihm leibhaftig vor der Leinwand zu applaudieren. Bravo!
Florian Eichberger
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