Die Wort-Gottes-Feier vor der KLJB-Jahreshauptversammlung am 13. MĂ€rz hatten Diakon Hans Mair und die Vogtareuther Landjugend gemeinsam vorbereitet. Auch die Predigt hielten sie gemeinsam: als Dialogpredigt.
DIAKON: Liebe Jugendliche, liebe Kinder, liebe Erwachsene!
Wir stecken unsere Mitmenschen oft in Schubladen. Wir urteilen ĂŒber andere und dies meist vernichtend. FĂŒr die Betroffenen ist es fast unmöglich, aus so einer Schublade wieder herauszukommen und fĂŒr uns ist es schwer, sie wieder herauszulassen. Die Angst, ein Fehlverhalten eingestehen zu mĂŒssen und dabei das Gesicht zu verlieren, lĂ€sst keine ZugestĂ€ndnisse zu.
Das Evangelium des heutigen 5. Fastensonntags hat auch so ein Schubladendenken im Visier. Als Thema des Jugendgottesdienstes, der von einer Firmgruppe, gemeinsam mit der Landjugend vorbereitet wurde, haben wir eine Aussage aus dem heutigen Sonntagsevangelium ausgewÀhlt:
âIch verurteile dich nicht.â
Zu Beginn des Gottesdienstes haben uns die Firmlinge Beispiele eines pauschalen Schubladendenkens vorgestellt, Beispiele aus unseren Tagen, Pauschalbeispiele ĂŒber die Jugend:
- Die Jugend geht nicht mehr in die Kirche!
- Die Jugend redet nicht mehr miteinander,
jeder hÀngt nur noch an seinem Handy und tippt herum! - Der Jugend ist das Brauchtum nichts mehr wert!
- Der Jugend ist die Gemeinschaft der Familie nichts mehr wert!
MARKUS: Sog a moi, segst du eigentli de Jugend vo heid a so negativ?
FLORIAN: Wos mia machan, ist doch ganz normal. De Zeit heid is hoid a moi anders wia friara. Des war ja oiwei scho a so, dass de Jugend a bissl anders denkt hod. I glaab a, wenn des net so waar, gang nix vorwÀrts im Leben.
STEFAN: Ma hod heid hoid andere Möglichkeiten. Friara san de Leit a ned blos wega eanam Seelenheil in Kirch ganga. Beim Ratsch aufm Kirchaplotz noch da Kirch hod ma schlieĂlich ausgmacht, wos ma duad am Sonntag.
MARKUS: Ja und wennst do ned dabei warst, host nix gwisst.
FLORIAN: Des ko ma se heit gar nimma vorsteyn. A kurze Nachricht in WhatsApp oder Faceboock, und i erreich auf oamoi alle meine Freind. Aufn Kirchaplotz dad i blos de Vogtareita dawischn.
STEFAN: Freili, de Gschicht mitm gemeinsama Mittagessen macht ma scho a bissl zum Denga. Es is scho a gfĂ€hrli, dass de Jugend sich ausklinkt. Do miahd se de Mama ob, steyd se am Sonntagvormittag an Herd und schaugt, dass Mittag wos Guads zum Essn gibt, damit wenigstens am Sonntag de Familie no oamoi beinand is, und na sitzt sâ do min Papa alloa am Tisch.
MARKUS: Es is scho verstĂ€ndli, dass da Mama des schwarfoid. Sie bemĂŒht se, sie mecht an Zusammenhalt der Familie, und de ganze MĂŒh werd ignoriert. Es is scho verstĂ€ndli, dass sie se ned ernst gnomma fĂŒhlt.
DIAKON: So eine Ă€hnliche Situation beschreibt die Geschichte, die wir zur Lesung gehört haben. Da sind zwei Freunde, die eine WĂŒstenwanderung unternehmen. Die WĂŒste ist der Ort der Entbehrung, der Ort, an dem die Grenzen des Lebens und des Zusammenlebens erfahrbar werden.
In der Geschichte ist nicht beschrieben, wie lange die beiden unterwegs waren. Sie enthĂ€lt auch keine Aussage, was alles vorgefallen war, bis es zu der Affekthandlung gekommen ist. Aber eine WĂŒstenwanderung ist eben nicht ein gemĂŒtlicher Spaziergang von Vogtareuth nach StraĂkirchen. Und wenn, warum auch immer, die Nerven blank liegen, kommt es zu Reaktionen, die einem letztendlich selbst unverstĂ€ndlich sind. Die Folge so einer Affekthandlung wird in der Geschichte mit einem lapidaren Satz zum Ausdruck gebracht: âDer Geschlagene war sehr gekrĂ€nkt.â Und der Geschlagene schrieb seine KrĂ€nkung in den Sand: âHeute hat mich mein bester Freund ins Gesicht geschlagen.â
Trotz der unverstĂ€ndlichen Affekthandlung und trotz der KrĂ€nkung des Geschlagenen mussten die beiden die Wanderung gemeinsam fortsetzen. Sich zu trennen und alleine in der WĂŒste unterwegs zu sein, hĂ€tte das Ăberleben schwer, vielleicht sogar unmöglich gemacht.
MARKUS:I glaab, des is heid no genauso. Es gibt Situtionen im Leben, de kemman oan vor, wiar a WĂŒstnwanderung.
FLORIAN: Und oft kimmst da dann vor, wia wennst grod a Watschn eigsteckt hest, weil de ebba im Stich lossn hod, vo dem du des nia erwart heddst.
STEFAN: I deng da a an de Landjugendarbat. Do miahst de obi, werglst und duast. Schaugst dass a de oidn BrÀuch dahoitn bleim, und es mog neamand mitmacha.
MARKUS: Do foid ma a Beispui ei: Friara is ma zum Glepfesinga ganga. Do ham se Leid zsammagfundn, ham Liada eigĂŒbt und ham se an de Donnerstag im Advent aufn Weg gmacht. Heid macht da do oanfach koana mehr mid.
FLORIAN: FĂŒr Halloween kostâas begeistern. âS Glepfen is nimma in. Und mia stengan dazwischn. Gema Glepfen, hama de Jugend gega uns. Veranstaltma Halloween, bring ma de Erwachsenen auf die Barrikaden.
STEFAN: Oda: Organisiern mar a Party, san de Leid do. Brauch ma Leid zum Osterkerznbasteln, dann beiĂts aus.
MARKUS: Des san dann de Watschn, de ma do eistecka miaĂn, so wie da oane in der WĂŒste. Und dann liegn a so manches moi a bei uns de Nervn blank.
DIAKON: Die Geschichte zeigt einen Weg auf, wie man aus solchen Situationen wieder herauskommt. Der Geschlagene schrieb seine KrĂ€nkung in den Sand, der Gerettete ritzt seine Freude in einen Stein. Der Wind des Verzeihens löscht die KrĂ€nkung wieder aus, heiĂt es in der Geschichte. Was jedoch in Stein geritzt ist, bleibt ewig bestehen.
Eine KrĂ€nkung bleibt eine KrĂ€nkung. Sie kann nicht ungeschehen gemacht werden, und deshalb sollte man sie vermeiden. Aber wenn es menschelt und die KrĂ€nkung passiert, dann dĂŒrfen wir unsere GefĂŒhle nicht festmeiĂeln, dazu fordert uns die Geschichte auf.
Im Evangelium zeigt uns Jesus selbst, auf seine drastische Weise, was es heiĂt, Fehler nicht unauslöschlich in Stein zu meiĂeln: Da wurde eine Frau beim Ehebruch auf frischer Tat ertappt, wie es der Evangelist Johannes beschreibt. Das Gesetz des Mose ist in so einem Fall gnadenlos. Auf die Frau sind so lange Steine zu werfen, bis sie tot umfĂ€llt â ein grausamer und langsamer Tod.
Jesus stellt das Gesetz nicht infrage. FĂŒr Jesus gilt eine andere Fragestellung: Wer ist berechtigt, als Henker aufzutreten, wer also darf mit dem Werfen der Steine beginnen?
Und Jesus beantwortet diese Frage auch gleich selbst: Berechtigt ist derjenige, der selber keine Schuld hat, also derjenige, der noch nie in seinem Leben etwas falsch gemacht hat, also derjenige, der noch nie darauf angewiesen war, dass ihm verziehen wurde. Und da kommt von allen Anwesenden nur einer infrage: ER â Jesus selbst. Alle andern mĂŒssen gehen.
âIch verurteile dich nichtâ, sagt Jesus zu der Frau, âich werfe keinen Stein auf dich!â
Die Anklage, die gegen dich erhoben wurde, habe ich in Sand geschrieben. Auf den Stein habe ich festgeschrieben: âIch verurteile dich nicht.â Schon deshalb kann ich den Stein nicht auf dich werfen.
Der abschlieĂende Satz des Evangeliums gilt allen Beteiligten: âGeh und sĂŒndige von jetzt an nicht mehr!â
Ăndere dein Leben, du, die du gerade dem sicheren Tod entronnen bist. Ăndere dein Leben, du, der du gerade feststellen musstest, dass du auch nicht schuldlos bist.
Dieser abschlieĂende Satz gilt auch uns hier und heute:
Geh und Àndere dein Leben!
Denn auch uns gilt, was Jesus zur Bedingung gemacht hat, um auf andere mit Steinen werfen zu dĂŒrfen: Wer ohne Schuld ist, der werfe den ersten Stein.