Zum 3. Sonntag der Osterzeit

Liebe Mitchristen,
ist es Ihnen schon mal so ergangen, dass Sie ein paar Stunden oder sogar den ganzen Tag gearbeitet haben und nichts dabei herauskam? Mir ist das erst vor ca. drei Wochen passiert.

Ich bin gerade dabei, ein Buch zu schreiben, und ich habe nebenbei ein Dokument für die verwendete Literatur angelegt. Als ich ein paar Tage später diese Liste gesucht habe, konnte ich sie einfach nicht finden. Das bedeutete, dass ich die Literaturliste nochmals erstellen musste. Auch wenn das kaum zwei Stunden mehr Arbeit gekostet hat, so war ich doch enttäuscht, und ich ärgerte mich über mich selbst.

Wie viel mehr waren wohl die sieben Jünger enttäuscht, als sie die ganze Nacht zum Fischen gingen und nichts fingen? Dabei waren sie Profis. Sie waren Berufsfischer, die wussten, wann und wo man am besten fischen konnte. Und trotzdem waren sie erfolglos.

Sonnenaufgang über dem See Genezareth: Für mich ist dieser Sonnenaufgang ein wunderbares Zeichen für ein neues Leben, das wir schon hier auf Erden immer wieder erfahren dürfen, und er kann und will uns Vertrauen und Zuversicht für das ewige Leben schenken. (Foto: Michael Leberle)

Wir haben auch in der heutigen Zeit viele Profis und Experten. Und das ist sicherlich auch gut. Gerade in den letzten Wochen haben wir in Bezug auf das Coronavirus erlebt, wie wichtig es ist, Experten zu fragen.

Ich finde es erstaunlich, wie viele Zusammenhänge es zwischen dem heutigen Evangelium und unserer gegenwärtigen Situation im Hinblick auf Corona gibt. Ich will Ihnen erst mal drei Parallelen weitergeben:

  • Im Evangelium wird berichtet, wie die Jünger zu ihrem gewohnten Leben zurückkehren: Sie gehen fischen. Das kennen sie, das haben sie ihr ganzes Leben gemacht. Auch heute sehnen sich viele von uns danach, wieder ihr normales Leben weiterzuführen, das wieder tun zu können, was wir kennen.
  • Eine zweite Parallele können wir darin erkennen, dass die Jünger an einem Nullpunkt angekommen sind. Als Fischer die ganze Nacht nichts zu fangen, heißt, dass die Existenzgrundlage gefährdet ist. Für viele Menschen ist die Existenzgrundlage gerade heute gefährdet. Einige Angestellte sind von Kurzarbeit betroffen, und für manche ist sogar der Arbeitsplatz gefährdet. Selbstständige wissen oft nicht, inwieweit sie ihren Betrieb weiterführen können.
  • Im heutigen Evangelium finden wir noch eine dritte Parallele: Die Jünger erfahren ihre Grenzen. Obwohl sie Profis im Fischen sind, sind sie doch erfolglos. Auch wir erfahren im Moment massiv unsere Grenzen. Obwohl wir zu vielem fähig sind, erkennen wir, dass wir nicht alles in unseren Händen haben.

Sicherlich können wir weitere Parallelen von der Situation vor 2000 Jahren zu unserem heutigen Leben ziehen. So möchte ich mit Ihnen das heutige Evangelium noch näher betrachten: Es handelt sich dabei um ein sogenanntes Nachtragskapitel. D. h., es wurde nachträglich zu den ursprünglichen Schriften hinzugefügt. Offenbar entstanden nach der Abfassung der ersten 20 Kapitel des Johannesevangeliums Fragen oder Probleme, auf die das 21. Kapitel eine Antwort geben möchte.

Darum finden wir heute in der ersten Hälfte des 21. Kapitels, wie sieben Jünger Jesu zum dritten Mal Jesus als Auferstandenem begegnen. Die Begegnung ereignet sich in ihrem Alltag als Fischer am See Genezareth. Und genau hier ereignet sich etwas sehr Erstaunliches, auf das ich jetzt in besonderer Weise eingehen möchte.

Als die sieben Jünger die ganze Nacht nichts gefangen hatten, sagte Jesus zu ihnen: „Werft das Netz auf der rechten Seite des Bootes aus und ihr werdet etwas finden.“ Ich möchte mit Ihnen dieses Wort besonders im Hinblick darauf beleuchten, wozu uns Jesus heute auffordern könnte, wofür uns Jesus heute beauftragen könnte. Gerade in der heutigen Zeit finde ich es sehr hilfreich, wenn wir uns immer wieder fragen:

  • Was würde Jesus dazu sagen?
  • Was will mir Jesus in diesem Moment mitteilen?

Das können wir auch in gewöhnlichen Situationen tun. Z. B. können wir Jesus am Anfang des Tages fragen, was er an unserer Stelle an diesem Tag tun würde. So kann Jesus auch in unseren Alltag eintreten. Darüber hinaus können wir diese Zeit, diese Krisenzeit dafür nutzen, uns grundsätzliche Fragen in Bezug auf unser Leben, in Bezug auf den Sinn und Auftrag unseres Lebens zu stellen. Da in jeder Krise eine Chance steckt, lade ich Sie ein, sich mit diesen wesentlichen Fragen zu beschäftigen:

  • Wozu beauftragt mich Jesus heute?
  • Wofür ruft mich Jesus persönlich?
  • Welchen Auftrag hat Jesus für meine Familie?
  • Wofür beauftragt uns Jesus heute in unserer Gemeinschaft, in unserem Verein, in unserer Pfarrgemeinde?
WWJT? – Was würde Jesus tun? (Bild: Linus Neugebauer)

Ich lade Sie ein, sich heute und die nächsten Tage diese Fragen zu stellen. Hören Sie dabei auf das, was Jesus Ihnen sagen will. Um die Antwort Jesu hören zu können, braucht es meist etwas Zeit und Stille.

Natürlich bietet es sich an, sich die Frage nach seiner Berufung als junger Mensch zu stellen. Gleichzeitig gibt es keine Altersgrenze, wenn Gott uns etwas offenbaren will. Ich kenne Menschen mit 60, 70 oder 80 Jahren, die noch einen neuen Lebensauftrag von Gott erhalten haben.

Ich habe vor ein paar Jahren meine Lebensaufgabe erkannt. Dazu gehört insbesondere meine Berufung zum Ständigen Diakon. Seitdem ich weiß, wozu ich berufen bin, kann ich mich darauf konzentrieren, und ich verliere mich nicht mehr so sehr in vielen verschiedenen Aktivitäten.

Schauen wir zum Schluss noch einmal auf das Evangelium. Wie haben die Jünger darauf reagiert, als sie von Jesus aufgefordert wurden, ihre Netze auf der rechten Seite auszuwerfen? Sie taten genau das, was Jesus ihnen sagte. Und was war die Folge davon? Das Netz war voller Fische, es war gefüllt mit hundertdreiundfünfzig großen Fischen.

Die Jünger Jesu geben uns hier ein sehr gutes Beispiel: Sie setzen unmittelbar das um, wozu Jesus sie auffordert. Und das Ergebnis lässt nicht lange auf sich warten, ihr Tun ist sehr erfolgreich. So können auch wir darauf vertrauen, dass unser Leben fruchtbar und erfolgreich ist. Unsere Aufgabe ist es, offen für das Wort Jesu zu sein und seinen Auftrag umzusetzen.

Das gilt sowohl für unser alltägliches Leben als auch für unsere Berufung bzw. Lebensaufgabe.

Das Gebet des heiligen Franz von Assisi kann uns dabei helfen:

Höchster, glorreicher Gott,
erleuchte die Finsternis meines Herzens.
Und schenke mir rechten Glauben,
gefestigte Hoffnung und vollendete Liebe.
Gib mir, Herr, das rechte Empfinden und Erkennen,
damit ich deinen heiligen und wahrhaften Auftrag erfülle. Amen.

Da ich gerne mit Ihnen ins Gespräch in Bezug auf das heutige Evangelium und meine Ausführungen komme, freue ich mich über Ihre Erfahrungen, Gedanken und Fragen. Sonst hätte ich gesagt: Sprechen Sie mich nach dem Gottesdienst an. Jetzt bin ich dankbar für Ihre E-Mail an michael_leberle@yahoo.de oder Ihren Anruf an Tel.-Nr. 0162 7435930.

Michael Leberle


1. Lesung: Apg 2,14.22b–33

2. Lesung: 1 Petr 1,17–21

Evangelium: Joh 21,1–14

[An dieser Stelle befanden sich ursprünglich die Biteltexte aus der Einheitsübersetzung der Heiligen Schrift (2016). Die Rechte daran hält die Katholische Bibelanstalt GmbH, Stuttgart, die die Wiedergabe für derartige Zwecke befristet genehmigt hatte. Wir haben die Texte, ebenso wie die Hausgottesdienstvorlagen, die diese Passagen ebenfalls enthalten, mittlerweile wieder gelöscht, weil das Risiko einer Urheberrechtsverletzung jetzt zu groß ist. (red)]

Veröffentlicht in Glauben.

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