Mitsingnachmittag

Die Gedanken sind frei, wer kann sie erraten

Weder Gedanken noch Noten mussten wir beim Mitsingnachmittag erraten, zu dem die Vogtareuther Frauengemeinschaft ins Pfarrheim eingeladen hatte. Denn die Melodien vieler deutscher und bayerischer Volkslieder sind uns seit Kindertagen fest im Gedächtnis.

Deshalb wurden auf den Liedzetteln, die uns Ernst Schusser austeilte, bewusst nur die Texte abgedruckt. Die Freude am Singen steht im Vordergrund, und dabei ist es letztlich egal, ob jeder Ton passt, so Schusser. Und diese Strategie ist gründlich aufgegangen. Fröhlich und frisch spielte der ehemalige Leiter des Volksmusikarchivs des Bezirks Oberbayern mit seiner Ziach die bekannten Melodien an, und es genierte sich keiner der knapp 40 Besucher, kräftig mitzusingen. Die musikalische Reise ging vom Steirerbua und seiner Kernnatur, dem Jäger aus Kurpfalz über den Schiffsmann, der von den schwäbisch, bayrischen Dirndln träumt, als er jüngst in Regensburg war, bis hinein in den Böhmerwald, wo einst die Wiege stand. Zwischendurch gab es für die eifrigen Sängerinnen und Sänger das ein oder andere Glaserl Wein zur Kräftigung der Stimme und dazu eine Brotzeit.

Die Gedanken sind frei

Mag der ein oder andere Liedtitel im Gedächtnis bereits etwas angestaubt gewesen sein, so waren wir stets bei den ersten Takten hellwach, so wie „In da Fruah, wann da Hoh macht an Krahra“. Zu allen Liedern gab der Initiator aktiver Volksliederpflege lustige Anekdoten zum Besten oder erläuterte mehrerlei Hintergrundwissen zu Entstehung und Überlieferung. Übrigens, das Lied „A Hiatamadl mog i ned“ gibt es nicht erst seit Hubert von Goisern, es geht vielmehr mindestens auf die Zeit um 1900 zurück.

Recht lustig wurde es, als zum bekannten Kinderlied „Beim Bimperlwirt, beim Bamperlwirt“ nicht nur gut zu bewältigende Yogaübungen angesagt waren, sondern die Liedtexte den kulinarischen Vorlieben einiger Gäste angepasst wurden. Viel zu schnell hieß es nicht „Schau, schau, wia’s renga tuat“ wie im Lied, sondern leider „Schau, schau, wia schnell de Zeit vergeht“.

Für einen musikalischen Nachmittag passend bedankte sich unsere Vorsitzende Brigitte Neugebauer bei Ernst Schusser mit einer Flasche Orgelwein und einer Orgelpfeife für den kurzweiligen und unterhaltsamen Nachmittag. Ein recht herzliches Vergeltsgott sei auch den Kuchenspenderinnen aus Sulmaring gesagt, die uns mit ihren leckeren Gebäcken verwöhnten.

Es schwinden jedes Kummers Falten, so lang des Liedes Zauber walten.
(Friedrich Schiller)


Seit den 1970er Jahren ist Ernst Schusser unterwegs, bemüht u. a. den Brauch des Wirthaussingens und offener Singveranstaltungen wiederzubeleben und die alten Lieder vor Vergessenheit zu bewahren. Das Volksmusikarchiv des Bezirks Oberbayern, das jetzt Zentrum für Volksmusik, Literatur und Popularmusik (ZeMuLi) heißt, sammelt, dokumentiert und archiviert die überlieferte regionale Volksmusik und stellt sie für den heutigen Gebrauch zur Verfügung. Taschenliederhefte und Liederhefte gibt es dort zum Selbstkostenpreis. Die Zeitschrift des Zentrums ist das ZeMuLi-Magazin.

Parallel dazu gibt es praktische Textblätter für das gemeinsame gesellige Singen außerdem von EBES-Volksmusik (Eva Bruckner und Ernst Schusser); alle Lieder sind GEMA-frei, die Blätter können jederzeit vervielfältigt werden. EBES-Volksmusik veröffentlicht außerdem eine eigene, kostenlose Volksmusik-Zeitung mit immer wieder neuen „alten“ Liedern und Infos zu Veranstaltungen. Kontakt: Ernst Schusser, Friedrich-Jahn-Str. 3, 83052 Bruckmühl, Tel. 01728/516444 (AB), ernst.schusser@heimatpfleger.bayern.

Christine Bernhard

Veröffentlicht in KFG VOG, Vogtareuth.

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