Franziskus in Schwabering

Geliebt sein gehört geübt

In den Wiesenrainen unterhalb von St. Peter redeten die Grillen unablässig von der Liebe. Ein Maiwind trug den Ton durch die offenen Fenster hinein ins Schwaberinger Pfarrheim, wo Christian Schmidberger über den heiligen Franziskus sprach. Mehr als 30 Zuhörer lauschten gebannt.

Für die Vortragsreihe „Reden über Gott und die Welt“ war Schmidberger von den Franziskaner-Minoriten (OFM) auf Einladung von Kurt Kantner am 8. Mai nach Schwabering gekommen, um vom heiligen Franziskus zu erzählen. Was also lag näher, als den Abend mit einem Gebet und bei sich selbst, mit der eigenen Spätberufung zu beginnen? So berichtet die erste Geschichte von einem Sportlehrer und Fußballer aus Emmering bei Fürstenfeldbruck, dessen Weg über Tibet und die Freizeiten im fränkischen Kloster Schwarzenberg am Fuß des Steigerwalds zum Kloster Maria Eck bei Siegsdorf führt.

Eine zweite Geschichte beginnt vor über 800 Jahren in Assisi. Christian Schmidberger erzählt sie frei, sehr überlegt und lässt deutlich die Leitmotive von Vita und Wirken erklingen. Der Sohn einer gesellschaftlichen Aufsteigerfamilie steigt aus in die Einsamkeit und kehrt um: nach unten, als Bettler, in Armut und Einfachheit (mit Mt 10,8–10). Er erzählt von der Ansteckung, die Franziskus bei den Leprakranken nicht fürchtet, und davon, wie er mit seiner Lebensweise seine Mitmenschen ansteckt und zu Gefährten macht. Vor allem erzählt er davon, wie intensiv und unvermittelt Franziskus die Liebe Gottes erlebt, wie wörtlich er die Bibel versteht und wie sein Vaterunser schon im ersten Wort überglücklich ist. (Später wird Schmidberger noch die Brücke zu Karl Rahners Satz schlagen: „Der Fromme von morgen wird ein Mystiker sein, einer, der etwas erfahren hat, oder er wird nicht mehr sein.“)

Es ist diese unbändige Freude, „geliebtes Kind Gottes“ zu sein, die sich Christian Schmidberger als Illustration für den Veranstaltungsflyer gewählt hat: einen vogelwilden Franziskus, der anfängt, mit zwei Zweigen zu fiedeln. Sie ist auch der Ausgangspunkt für den Publikumsdialog: Wie kommt es, dass wir, ebenso geliebt, nicht ebenso unbändig glücklich sind?

Für diesen Franziskus-Abend wurde so die Liebe zum durchaus praktisch angelegten Hauptthema und manchen Zuhörern glühten die Ohren, wenn sie sich im Geiste für ihr Leben übersetzen, was Schmidberger mit Paulus (1 Kor 13,1–13) ihnen sagte: Liebe muss man üben. An dieser Stelle konnte man die Grillen gut hören.

Verliebtheit kommt von selber und ist eine Empfindung, nicht zu helfen und nicht zu hindern. Liebe ist etwas anders und zur Übung gehören all die Situationen, die man lieber nicht sucht, weil sie Geduld abverlangen und Nachsicht, weil sie erfordern, dass man dem anderen Raum gibt, sich nicht verstellt und nichts vorspielt. Aus dem Korintherbrief hebt Schmidberger besonders die langmütige Liebe hervor. Es brauche Geduld, dass die Einsicht von der Liebe Gottes aus dem Kopf als Glaube ins Herz „durchsickert“. Entsprechend ruft Schmidberger, wenn sich Leute bei Exerzitien über eine Bibelstelle das Hirn zermartern: „Da muss nix rauskommen, das muss was reinkommen!“

Weil es aber heißt, „dass die Schwaberinger immer wahnsinnig gern diskutieren“, steuerte der Vortrag das Ende an, um noch Zeit fürs Gespräch zu lassen. Der Bogen der Beiträge spannte sich von kräftiger Kirchenfinanzschelte, die so allgemein niemand mittragen mochte, über die künftige Rolle der katholischen Kirche, die der Papst mit seiner Namenswahl in die franziskanische Tradition stellt, bis zur Altersstruktur bei den Minoriten und zum schwarzen Habit. Das machte noch einmal bewusst, wie recht Franziskaner daran tun, unters Volk zu gehen – es gibt, wie in diesem Fall, einfach das beste, lebendige Beispiel.

Aus den Leseempfehlungen zu Papst Franziskus und Franziskus von Assisi sind zwei Bücher besonders hervorzuheben: „Lieber Bruder Franziskus“ (2. Aufl. Patmos 2013), in dem der Heilige aus Assisi an den Papst schreibt, was er in unserer Zeit vielleicht geschrieben hätte, sowie „Franziskus aus Rom und Franz von Assisi. Ein neuer Frühling für die Kirche“ des Befreiungstheologen und ehemaligen Franziskaners Leonardo Boff (Butzon & Bercker 2014).

Noch eine weitere Empfehlung gab Christian Schmidberger vor Vaterunser und Schlusssegen: Am kommenden Samstag (10. Mai 2014) ist Tag des offenen Klosters in Maria Eck: Er beginnt um 14.30 Uhr mit Kaffee und Kuchen und führt u.a. zur neuen Einsiedelei. (Kurt Kantner hat für diesen Tag noch Mitfahrgelegenheiten parat.)

Abschließend dankte die stellvertretende Pfarrgemeinderatsvorsitzende Christine Eckl für den wertvollen Abend „inklusive Eheseminar“ und übergab zur Erinnerung ein Bildnis des Heiligen aus der Vogtareuther Franziskuskapelle. Die aus dem Pfarrverband angereisten Gäste erinnerte sie daran, dass es in Schwabering gute Übung sei, sich nach solchen Gelegenheiten beim Wirt weiter zu beratschlagen. Wer hörte, der folgte.

Florian Eichberger

Veröffentlicht in alle, Pfarrverband, Schwabering.

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