Liebe Pfarrgemeinde, liebe Kinder!
Auf dem Bild seht ihr ein Mädchen abgebildet. Wer ist das? – Genau, ihr habt recht, es ist Bibi Blocksberg, eine kleine Hexe. Sie macht viel Unfug, aber sie macht auch viel Gutes mit ihrer Zauberei. Ihre Zauberformel „hex, hex“ hilft immer weiter. Viel Ungewöhnliches und viel Unerklärliches passiert in den Geschichten von Bibi.
Hier auf dem zweiten Bild ist auch Ungewöhnliches abgebildet. Eine große Menschenmenge ist sichtbar und im Vordergrund zwei Fische und fünf Brote. Im Evangelium hörten wir soeben, was auf dem Bild zu sehen ist.
Unglaublich viele Menschen waren Jesus gefolgt und hatten nun Hunger; von 5000 Männern ist die Rede, die Frauen und Kinder sind gar nicht gezählt. Man muss sich nur vorstellen: Damit nur jeder der Männer zwei Semmeln bekommt, um sich zu stärken, hätte man 10.000 Semmeln gebraucht. Es hätte wohl keinen Bäcker in Jerusalem gegeben, der in der Lage gewesen wäre, so viele Semmeln zu liefern. Und dann hätten die Frauen und Kinder immer noch nichts zu essen gehabt. Die Zahlen darf man jetzt freilich nicht absolut nehmen. Sie beschreiben die Ausweglosigkeit der Situation und rechtfertigen die Ratlosigkeit der Jünger.
Da greift Jesus selbst in das Geschehen ein, macht die Angelegenheit zur Chefsache. Und was macht Jesus? Auch er hat keine Zauberformel, so wie vielleicht Bibi Blocksberg sagen würde: „Die Menschen sitzen dicht wie Bienen, Brot und Fisch kommt doch zu ihnen – hex, hex!“
Jesus hext nicht. Er nimmt das Vorhandene, die fünf Brote und die zwei Fische. Die Jünger haben schon festgestellt – es reicht nicht. Doch Jesus nimmt das Wenige. Dann bittet er die Menschen, sich zu setzen. Er versammelt die Menschen um sich, wie ein Hirte seine Herde um sich sammelt und ihnen eine gute Weide anbietet. Dann wendet er sich an Gott, vertraut mit einem Dankgebet die Menschen Gott an. Schließlich verteilt er das Vorhandene an die Menschen.
In diesem Bild wird das Wirken Gottes sichtbar. Wenn Menschen sich versammeln, im Vertrauen darauf, dass Gott sie nicht verhungern lässt, wenn diese Menschen dankend Gott anvertraut werden und das Wenige, das sie haben, unter sich verteilen, dann reicht es für alle, um leben zu können. Aber Gott kann nur wirken, wenn die Menschen auch mitmachen. Hätte der kleine Bub nicht mitgemacht, sondern seine Brotzeit versteckt und nicht hergegeben, hätte die große Menschenmenge gehungert.
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Genauso hungern heute die Menschen – auch, aber nicht nur nach Brot. Wir Christen von heute stehen in der Nachfolge Jesu. Wir sind gefordert, das Wenige, das wir haben, zur Verfügung zu stellen und zu verteilen. Auch uns bleibt nichts anders, als Jesus selbst. Ein „hex, hex“ hilft auch heute nicht. Wir müssen, wie auch Jesus, darauf vertrauen, dass Gott seine Liebe im Überfluss schenkt. Was auch wir brauchen, ist das, was Jesus im Überfluss hatte: Vertrauen auf Gott. Wir müssen keine Angst haben, dass irgendetwas verloren geht. Bringen wir das Wenige, das wir haben, vor Gott im Vertrauen darauf, dass er dafür sorgen wird, dass es für uns und die andern reicht.
Es kann das Wissen sein, das wir haben, das wir teilen können. Ein Mitschüler oder eine Mitschülerin tut sich schwer in Mathe oder Englisch. Du kannst das gut und hilfst ihm lernen. Es reicht für beide, du bekommst deshalb keine schlechtere Note, aber für den Schwächeren reicht es auch. Oder ein Fußballer will den Torerfolg unbedingt selbst haben, aber er verschießt. Hätte er abgespielt und einem andern den Torerfolg überlassen, hätte es zum Sieg gereicht. Oder: Ein Kind könnte für die Oma oder den Opa einkaufen gehen oder der alten Nachbarin den Rasen mähen.
Wir sind als Christen gefordert, unsere Fähigkeiten zu teilen. Teilen kann man vieles, nicht nur das Geld.
Eine der größten Herausforderungen, die Gott uns derzeit aufgibt oder vielleicht zumutet, ist die Bewältigung des Flüchtlingsproblems. In der Nachfolge Jesu kommen wir aus der Verantwortung für diese Menschen nicht heraus. Wenn wir Jesus ernst nehmen, müssen wir handeln wie ER, um glaubwürdig zu bleiben. Jesus selbst hat uns gezeigt, was dies bedeutet. Er hat sich den Menschen zugewandt, ohne zu fragen, ob dieser Mensch dies auch verdient hat, ob er denn würdig ist, dass ihm geholfen wird. Er hat den Diener des römischen Hauptmanns auf dessen Bitte geheilt, obwohl der Hauptmann kein Jude war und weder der Hauptmann noch der Diener Jesus nachgefolgt sind. Jesus war für den Hauptmann nur so etwas wie der letzte Strohhalm.
Heute sind wir gefordert, in der Nachfolge Jesu die Güte und die Größe Gottes den Hilfe suchenden Menschen sichtbar zu machen. Wir dürfen uns nicht darauf berufen, dass wir ja diese Menschen nicht eingeladen haben, dass diese einfach zu uns kommen. Gott selbst schickt uns diese Menschen. Er selbst weist uns diese Aufgabe zu, und wir haben in der Nachfolge Jesu keine Wahl. Wir haben kein Recht zu fragen: Warum und wieso? Wir haben kein Recht, nach Schuldigen zu suchen. Wir haben kein Recht zu fragen, weil auch Jesus nicht gefragt hat. Gott hat die Messlatte für uns Christen aufgelegt, und sie liegt hoch. Um glaubwürdig zu bleiben, müssen wir drüber, ob wir wollen oder nicht.
Die Menschen damals, vor 2000 Jahren haben nichts verstanden. Sie haben nicht begriffen, dass sie selbst gefordert sind, etwas zu tun – ja, dass es ohne ihre Mithilfe nicht geht. Natürlich wäre ihnen ein „hex, hex“ auch lieber gewesen. Deshalb wollten sie Jesus auch zum König machen. Wäre ja ganz praktisch, wenn es da einen gibt, der durch wunderbare Vermehrung so manches Problem aus der Welt schaffen würde.
Sie haben nicht verstanden, dass das so nicht funktioniert. Jeder muss seine Liebe weitergeben, dies kann nicht Jesus für alle erledigen. Jeder muss teilen, das kann nicht einer für alle tun.
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In der Brotvermehrungsgeschichte lehrt uns Jesus eindringlich, dass Glaube einfach sein kann. Glaube ist ein anderes Wort für Vertrauen. Das Vertrauen Jesu zu Gott war grenzenlos. Die Liebe zu Gott und den Menschen war für ihn das Wichtigste. Und wir stehen in der Nachfolge. Es bleibt uns keine andere Wahl, als seinem Beispiel zu folgen. Uns geht es wie dem kleinen Buben im Evangelium mit seinen fünf Broten und den zwei Fischen. Auch wir haben nur wenig anzubieten.
Vielleicht ist es nur eine Stunde Freizeit am Nachmittag, um jemanden zu helfen, der dringend eine Hilfe braucht, oder einem Kranken Gesellschaft zu leisten. Vielleicht hat ein Kind nur eine Stunde Zeit am Nachmittag, um für den Opa, die Oma einzukaufen oder der Nachbarin den Rasen zu mähen. Dies kann so wichtig sein, wie die fünf Brote für die vieltausend hungrigen Menschen. Wir müssen nicht die Welt retten. Wir brauchen nur das Wenige, das wir haben, zu teilen. Für zwei oder drei reicht es immer, ohne dass wir uns groß einschränken müssen, dass aber ein anderer wieder aufatmen kann.
Nicht das Hexen müssen wir lernen, sondern das Verteilen, damit das Leben wieder lebenswert wird. Nicht das Hexen müssen wir lernen, vielmehr müssen wir bereit sein, unsere Fähigkeiten andern zur Verfügung zu stellen.
Der kleine Bub aus dem Evangelium ist uns darin das große Vorbild. Weil er das wenige, das er hatte, nicht ängstlich versteckte, sondern im Vertrauen darauf, dass es auch für ihn noch reichen wird, um satt zu werden, Jesus zur Verfügung stellte, wurden viele satt.
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Beim Verlassen der Kirche setzen die Kinder ein Zeichen. Jeder bekommt ein Stück Brot, um nicht hungrig nach Hause gehen zu müssen. Die Kinder bitten, das Brot zu verzehren und nicht in der Tasche zu verstecken.
Die Predigt wurde gehalten von Diakon Johann Mair,
unter Einbeziehung der im Gottesdienst anwesenden Kinder.
Den Kindern ein herzliches Vergelt’s Gott! fürs Mitpredigen.
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