Nacht der Jugendchöre 2024

Sutiyqui muchas ka cachun

Es war ein ganz ansehnliches Häuflein aus dem Pfarrverband Prutting-Vogtareuth am 16. März zur Nacht der Jugendchöre 2024 in St. Michael angereist, keineswegs nur die treue Anhängerschaft des Zaiseringer Jugendchors.

Cristo de la Concordia, Cochabamba
Über Cochabamba steht die 34,2 m hohe Stahlbetonstatue des Cristo de la Concordia. (Bild: Daniel VerdugoUnsplash)

Zum Lohn bekamen sie ein Benefizkonzert auf die Ohren, das die Pessimisten des musikalischen Glaubenslebens verstummen lassen müsste, so schön, so gernsingend und so berührend, so bei Gott und den Menschen zugleich waren die Lieder und Stücke, die heuer ganze zehn Formationen in die Runde trugen, oft flott und pointiert, manchmal getragen bis elegisch, aber auch dann mit starker Dynamik.

Wir stellen uns vor, dass die Kleinsten am nächsten Tag gleich nachgesehen haben, ob der Applaus, der Applaus auf der Blumenwiese hinterm Haus noch da ist. Diesen Schwung weiß Pfaffenhofen offenbar sehr gut mitzunehmen, denn nach dem Kinderchor konnte Helene Feichtner auch noch die Folgejahrgänge auffahren: die CanTeenies – u. a. mit einem Akekho ofana no Jesu samt Dance-Moves – und die InfiniTones, die keine Lust haben, aufzuhören, wo’s doch gerade so schön ist. Da sind schon große, reife Stimmen dabei, und obwohl die mit Abstand größte Gruppe fast die Bühne sprengte, klang hier jeder Ton klar wie aus einem Mund – besonders deutlich zu hören beim launigen Glick der Poxrucker Sisters.

Diese gesangliche Tugend, die doppelt hören macht, war im Übrigen allenthalben zu spüren, auch schon beim Kinderchor BellaBimba (St. Quirinus, Rosenheim-Fürstätt), dessen Wo die Liebe wohnt (da wohnt Gott) genau so ausdrücklich bei uns ankam, wie es gesungen und gemeint war. Am Klavier saß hier kein Geringerer als Orgelbauer Michael Gartner, dessen Gehör u. a. St. Emmeram die Stimmung der neuen Vogtareuther Orgel verdankt. Bei den Apostelsingers der evangelischen Apostelkirche, die in ihrem Gospel-Repertoire offenbar ganz zu Hause sind, war wiederum – wenn der Programmzettel nicht trügt; sehen konnte ich es in der fast übervollen Kirche nicht gut – Felix Spreng an den Tasten, seinerzeit Haus- und Faschingsorganist von Mariä Himmelfahrt, Prutting.

Dass Peter Weber als Organisator das Benefizkonzert ökumenisch auslegt, gehört zu den unscheinbaren, aber wichtigen und überlegten Selbstverständlichkeiten, die diese Abende auszeichnen – wie die Dias aus Cochabamba, die stets den Spendenzweck, das Straßenkinderprojekt Estrellas en la calle, gegenwärtig halten, wie der Weltmusik-Charakter des Abends und wie sein Dank nicht nur an alle, die beigetragen und geholfen haben, sondern auch, in bester Anton-Bruckner-Manier,1 an den lieben Gott. Dass das Publikum solche feinen Zeichen zu würdigen weiß, wurde bereits am betonten Beifall deutlich, als die Doffemoar-Musi aus – woher denn sonst? – Pfaffenhofen den auffallenden Arkan, einen Kreistanz der Huzulen aus der Ukraine, zwischen zwei Pixner schmuggelte.

Nicht zu vergessen sind an dieser Stelle außerdem die Polskie różyczki der Polnischsprachigen Katholischen Mission in Rosenheim, die ebenfalls in St. Michael zu Hause ist. Die Polnischen Rosen setzten auf das klassische Kirchenlied Jezu mój Jezu zwei modernere, mehrstimmig gefügte, schön steigernde Anbetungslieder, die beweisen, dass Hillsong den geistlichen Da-kann-ich-ja-gleich-mitsingen-Hit nicht erfunden hat: Pan jest pasterzem moim (Der Herr ist mein Hirte) von Deus Meus und Daj mi usłyszeć Twój głos (Lass mich Deine Stimme hören) von Mocni w Duchu (Stark im Geist). Im Anschluss setzte Julia Schmarsel an zu Einmal (nach tausend Kriegen) aus Der Glöckner von Notre Dame, das sich zum Duett mit Nick Hein entfaltete. Hier haben wir es mit ausgebildeten Stimmen zu tun – die in der Jugend von St. Michael angefangen haben und wunderbar harmonieren, glockenhell und voll; das Streichorchester und die Kulissen der großen Bühne denken wir uns unwillkürlich von selbst dazu.

Und dann der Zaiseringer Jugendchor ­– dass er an dieser Stelle des Programms seinen Platz fand, ist schon kein geringes Kompliment. Diese Vorschusslorbeeren verdienten sich die von Katharina Geidobler, Christina Tippl und Michael Wagner gut und sicher geführten jungen Sängerinnen voll und ganz – das Leitungstrio hat ein sehr waches Ohr dafür, wie das Ganze wirkt, für Dynamik und für die effektvolle Dramaturgie der Lobpreislieder, jeder Stimme wird etwas zugetraut und anvertraut, und der Chor wird mit eigener Stimme gestützt, wo er weiter wachsen und ranken soll. Aus dem Pfarrverband dürfen wir mit nicht geringem Stolz auf diesen Abend blicken. Wer das Benefizkonzert heuer verpasst hat, darf sich damit trösten, dass Peter Weber 2025 bestimmt nicht auslassen wird. Der ist selbst noch hungrig.

Das war gut zu sehen, als er sich am rechten Bühnenrand die Gitarre umschnallte und TeaCup die Startbahn zum Finale freigab, sodass die reifere Jugend von St. Michael mit der Lead-Stimme von Margit Benz langsam zu Katy Nicholes In Jesus Name (God of Possible) anrollte, Fahrt aufnahm und abhob. Zu Vater, ich danke dir von Albert Frey hielten die Apostelleuchter ihre Feuerzeuge in die Höhe. – TeaCup stimmte dann auch das gemeinsame Schlusslied Heal the World an, zu dem sich alle Chöre und das Publikum zusammentaten, ungeprobt („die Bridge lassma aus“), aber vielleicht größer, im eigentlichen Sinn getragener als ich das Michael-Jackson-Original im Ohr habe. Auf der Single geht das auch nicht in derart donnernden Applaus über. Vielen Dank für diesen wunderbaren Abend!

Gemeinsames Schlusslied
Gemeinsames Schlusslied (Bild: Sterne auf den Straßen Boliviens e.V.)

Damit es aber über dem Beifall, den guten Worten von Pfarrer Sebastian Heindl, dem Dank an die Technik und den Empanadas auch hier nicht verloren geht: Der Spendenerlös der Nacht der Jugendchöre geht über den Förderverein Sterne auf den Straßen Boliviens e.V. komplett an das Straßenkinderprojekt Estrellas en la calle. Aktuell werden noch Spenden speziell für das Projekt Coyera gebraucht.

Florian Eichberger

PS: Der Ketschua-Titel (Geheiligt werde Dein Name), der aus Ibarra Grasso, Dick Edgar: La Escritura Jeroglífica de los Indios Andinos, S. 163 f., geplündert ist, stimmt hoffentlich.


1 Anton Bruckner hat seine 9. Sinfonie, zuzutrauen wär’s ihm, der Legende zufolge „dem lieben Gott“ gewidmet. Karl Kraus: Pro domo et mundo. In: Die Fackel 338 (1911), S. 16–18, hier S. 17: „Der Künstler soll dem Hörer Konzessionen machen. Darum hat Bruckner eine Symphonie dem lieben Gott gewidmet.“

Veröffentlicht in Jugendchor ZAI, Zaisering.

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