Zaisering

Die Mausohren von St. Vitus

Manche Leute kommen am Sonntag in die Kirche. Und es gibt andere, die sind dort jeden Tag, zumindest im Sommer. Sie sind ihrer Kirche ihr Leben lang treu.

Mausohr mit Jungtier
Mausohr mit Jungtier (Bild: Andreas Zahn)

Rund 20 Mausohrweibchen leben im Dachboden der Kirche in Zaisering und ziehen dort im Sommer ihre Jungen auf. Die heimlichen Untermieter halten sich im Gebälk des Dachraumes von St. Vitus auf, wo im Sommer hohe Temperaturen herrschen. Denn Mausohren lieben die Wärme. Es sind eigentlich Bewohner Südeuropas, die dort ganzjährig in Höhlen leben. Diese unterirdischen Quartiere sind nördlich der Alpen im Sommer zu kalt für die Jungenaufzucht, sodass sich das Mausohr erst in Mitteleuropa ausbreiten konnte, als der Mensch warme „Ersatzhöhlen“ schuf: große, ungenutzte Dachstühle, wie sie besonders in Kirchen zu finden sind.

In diesen Dachstühlen leben die Weibchen von April bis September. Ende Mai oder im Juni kommen die Mausohr-Babys zur Welt. Die Weibchen haben jährlich nur ein Junges. Doch als Ausgleich werden Mausohren sehr alt: Bis über 30 Jahre sind nachgewiesen. Die Männchen beteiligen sich nicht an der Aufzucht und verbringen den Sommer einzeln auf Dachstühlen und in sonstigen Verstecken. Auch in Zaisering sind immer wieder einzelne Mausohrherren im Dachboden abseits der Weibchen und Jungtiere zu finden. Im Herbst verlassen die Mausohren die Dachstühle, um in Höhlen und Stollen Winterschlaf zu halten.

Mausohren bei sich zu Hause
Mausohren bei sich zu Hause (Bild: Andreas Zahn)

Nachts jagen die Tiere hauptsächlich Laufkäfer, die bei einer schellen Landung auf dem Boden erbeutet werden. Wie alle heimischen Fledermäuse orientieren sie sich bei Dunkelheit durch Echoortung. Doch beim Auffinden der Käfer hilft auch das Rascheln der krabbelnden Beute. Die Laufkäfer werden im Lauf der Nacht zu Fledermauskot verdaut, wovon auch im Kirchendachboden nicht wenig anfällt. Der trocken-bröselige Kot ist ein guter Dünger, wird gerne für Rosen, Gurken und Tomaten verwendet. Derzeit ist geplant, eine Vorrichtung zum besseren Auffangen dieses „Fledermausguanos“ anzubringen, sodass die Reinigung leichter fällt.

Neben den Mausohren war bis vor Kurzem noch eine weitere Fledermausart in der Kirche, die seltene Wimperfledermaus. Früher waren es rund 20 Weibchen, in den letzten Jahren aber nur sechs bis acht, beim letzten Besuch keine mehr. Das Vorkommen in Zaisering war durchaus eine Besonderheit. Denn es sind nur 15 Kolonien der Wimperfledermaus in Bayern bekannt, die sich alle im Südosten Oberbayerns befinden. Die Bestände gehen in den letzten Jahren zurück, wobei die Ursache ungeklärt ist. Wimperfledermäuse jagen gerne Fliegen in Kuhställen und viele Landwirte im Umfeld der Kolonien beobachten regelmäßig die geschickten Jäger. Allerdings benötigt diese Art größere Einflugöffnungen als die Mausohren. Vielleicht wurden die Fenster im Zaiseringer Turm (auf Höhe des Dachbodeneingangs) in den letzten Jahren auch besser befestigt, sodass die Lücken kleiner sind als vorher und nur noch für die Mausohren reichen. Es wäre gut, wenn sich hier Verbesserungen vornehmen ließen. Wenn man es ihnen bequemer macht, ziehen die Wimperfledermäuse vielleicht wieder ein.

Mausohrkolonie
Mausohrkolonie (Bild: Andreas Zahn)

Die heimischen Fledermäuse sind übrigens völlig harmlos. In Bayern wurden in den letzten 30 Jahren rund 900 Fledermauskolonien in Kirchendachstühlen und rund 3000 in und an Wohngebäuden erfasst. Die Zahl von Quartieren mit nur einzelnen oder wenigen Fledermäusen ist noch um ein Vielfaches höher. Eine Übertragung von Krankheiten auf Menschen infolge eines Fledermausquartiers am Haus, etwa durch Kontakt mit dem Fledermauskot, wurde in Mitteleuropa noch nie registriert, obwohl die Tiere oft im unmittelbaren Wohnumfeld auftreten. Ein Gastrecht für Fledermauskolonien ist daher kein Problem.

Nähere Informationen über Fledermäuse gibt es im Internet unter https://www.lfu.bayern.de/natur/artenhilfsprogramme_zoologie/fledermaeuse/.

Dr. Andreas Zahn,
Koordinationsstelle für Fledermausschutz Südbayern

(Dieser Beitrag ist zuerst im Sommer-Pfarrbrief 2020 erschienen, für die Online-Publikation wurde er noch einmal ergänzt und aktualisiert.)

Veröffentlicht in Zaisering.

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