Es war sehr gut, dass das Schwaberinger Pfarrkino schon für die Vorführung von „Die Sprache des Herzens“ neue Boxen angeschafft hatte. Denn diesmal sang ein ganz besonderer Chor auf der Leinwand im Untergeschoss des Schwaberinger Pfarrheims: Young@Heart.
Der gleichnamige Dokumentarfilm (UK 2007) des britischen Regisseurs Stephen Walker begleitet die Probenvorbereitungen eines Chors, in dem niemand unter 70 und das Durchschnittsalter 80 ist. Schauplatz ist das amerikanische Northampton (Massachusetts). Dort gründete Bob Cilman 1982 seinen ersten Seniorenchor, der mittlerweile weltweit auf Tournee geht. Dabei ist die Probenarbeit nicht viel anders als in anderen Chören auch – dass es vertrackte Textzeilen und Einsätze gibt, die man wieder und wieder vergisst und verwechselt, gehört zu jedem Laienchor, unabhängig vom Alter. Erstaunlich ist vielmehr die ganz eigene geistige Einstellung, die sich daraus ergibt, dass die meisten Chormitglieder altersgemäß gebrechlich und zum Teil schwerstkrank sind; Nahtoderfahrungen und Sterbesakramente gehören hier dazu und sind Gegenstand von Frotzeleien im Probenraum.
Tatsächlich verliert die Truppe im Verlauf des Berichts bis zur Premiere zwei ihrer Mitglieder. So gerät jede Probe und noch mehr jede Aufführung zu einem vielleicht allerletzten Mal und trägt den Silberstempel der Kostbarkeit. Filmemacher und Chorleiter betonen dieses Moment auch, indem sie den Liedern und ihren Widmungen an die Verstorbenen Raum geben. Hinzu kommt noch der stark wirkende, oft sehr komische Kontrast, der entsteht, wenn weißhaarige Alte pointiert gewählten Punk-Rock singen, zwischen „I Wanna Be Sedated“ („Ich möchte sediert werden“, The Ramones) und Intensivstation, zwischen Lebensabend und „We’re On a Road to Nowhere“ („Wir sind auf einer Straße nach nirgendwo“, Talking Heads). Die mit dem Chor gedrehten Musikvideos, die wie die Einzelinterviews im Fortgang der Erzählung eingelagert sind, treiben diesen Effekt noch humorvoll auf die Spitze.
So war der Filmabend laut lustig und anrührend traurig zugleich. Und als Pfarrer Guido Seidenberger – gleich nach dem „Werbeblock“ Kurt Kantners, der auf die Orgelmatinee am Sonntag in St. Peter hinwies – die Diskussion startete, ergab sich sogar noch Gelegenheit, thematisch an den Hospiz-Vortrag vom Vorabend anzuknüpfen und darüber nachzudenken, wie das Leben ganz nah an der Ewigkeit ist.
Zu danken ist für dieses schöne Erlebnis einmal mehr Ulrike Oberfuchshuber, die mit glücklicher Hand den Film ausgewählt hatte und zusammen mit Marianne Seubert für das VIP-Lounge-Feeling sorgte: Popcorn und Süßes, Erdbeersekt/-Limes und Aperol Spritz bekommt man schließlich nicht in jedem Kinosessel gereicht.
Florian Eichberger
P.S.: Young@Heart hat auch einen eigenen Videokanal auf YouTube (auf dem hierzulande aus GEMA-Gründen allerdings etliches nicht zu sehen ist). Viel Interessantes steht außerdem (in englischer Sprache) auf der Website des Chors.
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