Über 40 Zuhörer fanden sich am Donnerstag, 18. Februar um 20 Uhr im Pfarrhaus Vogtareuth ein, um dem Vortrag von Dr. Michael Schnitzenbaumer, dem leitenden Oberarzt der Palliativstation am RoMed-Klinikum Rosenheim, zum Thema „Palliativmedizin – Sterben in Würde“ zu folgen.
Unter der routinierten und charmanten Moderation von Kurt Kantner, dem Organisator der Gesprächsreihe „Reden über Gott und die Welt“, wurde der Abend aufgrund der sympathischen Vortragsart des Referenten trotz des ernsten Themas zu einer vergnüglichen Veranstaltung für das Publikum. Die einleitenden Worte von Dr. Schnitzenbaumer, unterlegt mit Zitaten u.a. der Philosophen Sokrates und Seneca oder aus Jesaja, machten schnell deutlich: Es ist einfach zu definieren, was kein würdevoller Tod ist. Ungleich schwieriger ist es zu formulieren, was Sterben in Würde bedeutet.
Der Referent forderte die Zuhörer auf, sich selbst Gedanken zu machen, was für jeden persönlich Würde im Angesicht des Todes bedeutet. Er stellte dazu zwei unterschiedliche Menschenbilder gegenüber: Aus einem christlich-humanistischen Verständnis heraus ist der Mensch „Geschöpf Gottes“, das in seiner Kreatürlichkeit den Prozess des Sterbens hinnimmt. Das utilitaristische Menschenbild, das in unserer Gesellschaft immer mehr zuzunehmen scheint, hingegen sieht im Menschen vor allem das Individuum, das selbstbestimmt durchs Leben geht und auch am Lebensende selber entscheidet, wann und wie es aus dem Leben scheidet.
Der Arzt betonte, dass jeder Mensch gewisse Anteile von beiden Sichten in sich trägt und dass das auch nicht zu verurteilen ist. Er wirft die Frage auf, ob hier Sterbehilfe tatsächlich die Lösung ist: Hilfe beim Sterben oder Hilfe zum Sterben?
Nach einer Begriffsdefinition und einem Vergleich der Rechtslage in anderen europäischen Ländern wurde die aktuelle gesetzliche Regelung in Deutschland erläutert, wonach aktive Sterbehilfe strafbar ist, passive und indirekte Sterbehilfe aber erlaubt sind. Assistierter Selbstmord ist, sofern er nicht gewerbsmäßig oder durch einen Arzt erfolgt, ebenfalls nicht strafbar. Bevor Dr. Schnitzenbaumer seine zehn Betten umfassende Palliativstation im RoMed-Klinikum Rosenheim vorstellte, machte er deutlich. Palliativmedizin kann und will den natürlichen Verlauf einer zum Tode führenden Krankheit nicht aufhalten, aber auch nicht beschleunigen. Hilfe beim Sterben, nicht Hilfe zum Sterben ist das Ziel der Behandlung. Er räumte auch mit einigen Mythen und Vorurteilen gegenüber Palliativstationen auf. So ist eine Palliativstation keine „Sterbestation“, sondern ein Ort, an dem es jede Menge Leben und Lebensfreude gibt. Es geht dort um die Akutversorgung von Patienten mit einer zum Tode führenden Erkrankung, mit dem Ziel, sie zu stabilisieren und anschließend nach Hause oder in eine andere Einrichtung zu verlegen.
Mit Verwunderung nahmen die Anwesenden zur Kenntnis, dass im südostbayerischen Raum kein Hospiz zur Verfügung steht. Sofern also nicht die Möglichkeit einer häuslichen Betreuung besteht, bleibt in der Regel nur der Tod im Pflegeheim.
Zahlreiche Nachfragen vonseiten der Zuhörer gab es beim Themenkomplex Vorsorge. Um sicherzugehen, dass die eigenen Wünsche und Wertvorstellungen für den Fall, dass man sich selber nicht mehr äußern kann, berücksichtigt werden, sind Vollmacht, Betreuungsverfügung und Patientenverfügung wichtig und hilfreich. Auch erleichtern sie es den Angehörigen, die schwierigen Entscheidungen zu treffen.
Abschließend machte Dr. Schnitzenbaumer mit einem eindrucksvollen Gedicht deutlich, dass Würde im Sterben letztendlich Beziehung ist: Beziehung mit den Angehörigen, Freunden und dem Pflegepersonal.
Nach einem langen Applaus und dem Dank von Kurt Kantner an den überaus kompetenten Vortragenden informierte Kantner noch über die nächste Veranstaltung aus der Reihe „Reden über Gott und die Welt“, die Ende April/Anfang Mai mit Sr. Alexa aus dem Katharinenheim/Bad Endorf stattfinden wird.
Sonja Brindl
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