Gestern, am Vorabend zum diesjährigen Weißen Sonntag, den Johannes Paul II. bereits im Jahr 2000 zum Sonntag der Göttlichen Barmherzigkeit machte, hat Papst Franziskus ein ganzes Heiliges Jahr als Jubiläum der Barmherzigkeit angekündigt.
In seiner Predigt zur Vesper begründet Franziskus diesen Entschluss aus aktuellen weltpolitischen Zusammenhängen heraus:
„Warum heute ein Jubiläum der Barmherzigkeit begehen? Ganz einfach, weil die Kirche in dieser Zeit großer epochaler Veränderungen gerufen ist, die Zeichen der Gegenwart und Nähe Gottes vermehrt anzubieten. Dies ist nicht die Zeit für Ablenkung, sondern im Gegenteil um wachsam zu bleiben und in uns die Fähigkeit, auf das Wesentliche zu schauen, wieder zu erwecken. Es ist die Zeit für die Kirche, den Sinn des Auftrags wieder neu zu entdecken, den der Herr ihr am Ostertag anvertraut hat: Zeichen und Werkzeug der Barmherzigkeit des Vaters zu sein (vgl. Joh 20,21–23).“
Franziskus knüpft dabei ausdrücklich an den Friedensgruß Christi an und gibt das Heilige Jahr einer Welt, die alles andere als friedlich ist: „Vor allem in diesen Wochen bleibt der Friede nur ein Wunsch für so viele Völker, die die unerhörte Gewalt der Diskriminierung und des Todes erleiden, nur weil sie den Namen Christen tragen.“ Das tut er gut hörbar eingedenk der Aufgaben in Ländern wie Deutschland, die selbst nicht Kriegsschauplatz sind, sondern Ziel vieler Flüchtlinge, die bei uns Asyl suchen: „Zugleich bitten wir, dass er unsere Herzen verwandle, um von der Gleichgültigkeit zum Mitleid zu gelangen.“
Der andere große Bezug betrifft die Kirche selbst und geht aus der Bulle „Misercordiae Vultus“ („Antlitz der Barmherzigkeit“) selbst hervor: Das Heilige Jahr beginnt am 8. Dezember 2015 (Unbefleckte Empfängnis Mariens) und dauert bis Christkönig 2016 (20. November). Der Eröffnungstermin ist bewusst gewählt: „Ich werde nämlich die Heilige Pforte genau fünfzig Jahre nach dem Ende des II. Vatikanischen Ökumenischen Konzils öffnen.“ Mit anderen Worten: Da machen wir demnächst weiter.
Das kommende Jubiläumsjahr ist so als Fortsetzung der Kirchenöffnung zu begreifen, und wir blicken erwartungsvoll darauf, wie das geschehen wird, und denken nach, welche Tore wir selbst öffnen werden. Und wir nehmen uns vor, im Pfarrverband darauf zu hören, wenn Franziskus erinnert, wie barmherzig Gott an uns handelt und wie sehr wir aufgerufen sind, selbst barmherzig zu handeln: Denn es „ist die Barmherzigkeit in der Heiligen Schrift das Schlüsselwort, um Gottes Handeln uns gegenüber zu beschreiben. Er beschränkt sich nicht darauf seine Liebe zu beteuern, sondern er macht sie sichtbar und greifbar.“ Barmherzigkeit sei das „Kriterium, an dem man erkennt, wer wirklich seine Kinder sind. Wir sind also gerufen, Barmherzigkeit zu üben, weil uns selbst bereits Barmherzigkeit erwiesen wurde.“
Bei Radio Vatikan gibt es die ankündigende Vesperpredigt ebenso wie die verkündigende Bulle in deutscher Sprache zum Nachlesen.
Florian Eichberger
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