Am 26. Oktober konnte einem angst und bange werden. Dabei ist Hermann Hofstetter ein sehr vernünftiger, ruhiger Mensch, bei dem man sich gewiss auch in vielen anderen Dingen Rat holen kann. Im Pfarrheim St. Peter erklärte er, wie die Kirche, wie wir mit der Schöpfung umgehen können (und müssen), bevor es zu spät ist.
Hofstetter ist Fachreferent im Diözesanprojekt „Wir übernehmen Schöpfungsverantwortung“. Ihm gelingt im Vortrag die schwierige Aufgabe, zu zeigen, wie die Zeit drängt, ohne mutlos zu machen. Ich bin nicht sicher, ob das hier genauso klappt. Die beste Bericht sind wohl die Vortragsfolien selbst, auf denen alles Wichtige steht. Sonst würde ich lieber das nach vorne stellen, was wir im Pfarrgemeinderat, in der Kirchenverwaltung und im eigenen Haushalt besser machen können. Es ist auch keineswegs alles, was Hofstetter uns ans Herz gelegt hat, sondern eine Auswahl:
- Feste und Feiern: Hierzu gibt es den guten Leitfaden „Schöpfungsfreundlich (Pfarr-)Feste feiern“ (dazu noch Extratipps für Advent und Weihnachten). Wenn ich in Gedanken die Feste im Pfarrverband durchgehe, klappt das bereits ganz gut, allenfalls der Fleischkonsum ist heftig. Mindestens Zaisering hat aber auch „sehr gute Erfahrungen mit der Einbindung von Flüchtlingen durch Kochen von Gerichten aus ihrer Heimat“ gemacht. „Die Gerichte sind meist vegetarisch und mit besserer Klimabilanz.“ Eine private Großveranstaltung, die hier mit Vorbild vorangeht, möchte ich gern erleben.
- Mobilität: Prüfen, ob das anvisierte Ziel nicht auch mit öffentlichen Verkehrsmitteln erreichbar ist, Fahrgemeinschaften bilden und Abholdienste organisieren (was obendrein seniorenfreundlich wäre) – und das auch bekannt machen. Bei Pilgerfahrten, PV-Ausflügen und -Reisen nach Möglichkeit auf Flüge verzichten! Wo es doch sein soll, dann bitte wenigstens über die Klima-Kollekte einen Ausgleich schaffen. Hier ließe sich im Pfarrverband und im eigenen Urlaub sicher noch vieles verbessern.
- Energie: Hierzu hatte Hofstetter eindrucksvolle Erfolgsbeispiele aus der Region dabei. Seeon zum Beispiel hat seinen CO₂-Ausstoß 2010 bis 2014 auf weniger als ein Viertel gesenkt. Das geht kurioserweise sogar ohne großen Verzicht, sondern durch reine Verbrauchsoptimierung: indem man prüft, ob die Heizungen, Pumpen etc. richtig eingestellt sind. Hier sind zum einen die Kirchenverwaltungen gefragt, die das normalerweise gerne hören, weil sie dabei sogar Kosten sparen, zum anderen wir selbst. Denn der zweite Erfolgsfaktor ist das Nutzerverhalten. Je mehr alle bewusst und aufmerksam mit Energie und Ressourcen umgehen, desto besser wird’s. Versuchen Sie beides ruhig auch bei sich daheim! Noch etwas: auf Ökostrom umsteigen (unsere regionalen Versorger nutzen zum Großteil erneuerbare Energien), LED-Lampen nehmen, und zwar am besten solche mit Blauem Engel.
- Lebensmittel: Am besten Bioware und regionale Produkte mit kurzen Lieferwegen einkaufen – der Dorfmarkt in Zaisering und der Dorfladen in Vogtareuth sind zum Beispiel sehr gute Gelegenheiten. Auf diese Weise bekommen Sie auch frische Ware (statt Ware, die frisch aussieht). Leider ist man in Deutschland notorisch geizig, was das Essen betrifft. Bitte seien Sie bereit, dafür etwas mehr auszugeben! In puncto Lebensmittel lässt sich enorm für die Umwelt tun, und es ist letztlich unsere Kaufentscheidung, wie Nahrung produziert wird. Nur ein Beispiel: Meeresfisch. Die meisten Bestände sind nur dadurch zu retten, das die Nachfrage einbricht. Nutzen Sie ruhig die einschlägigen Einkaufsberater.
- Beschaffung: Kopierpapier in Blauer-Engel-Qualität nehmen, nur ausdrucken, was wirklich schwarz auf weiß verteilt werden muss. Generell: ökologisch verantwortliche Anbieter bevorzugen, vor allem bei Putzmitteln. Auch hier gilt: „Das ist unsere Kaufentscheidung“ (Hofstetter).
- Jugendarbeit: Auch hierzu gibt es einen Ratgeber („Wege zu einer nachhaltigen Jugendarbeit“) mit praktischen Tipps. Wichtig ist dieser Punkt insofern, als die Jugend die (schöpfungs-)verantwortlichen Akteure von morgen stellt.
Das waren ausführliche Anregungen, die Hermann Hofstetter der Runde im Schwaberinger Pfarrheim in die teils aufgewühlte Diskussion mitgab, die sich noch so lange hinzog, dass Kurt Kantner mit Blick auf die Uhr zum Ende mahnen musste. Es zeigte sich, dass viele sich geradezu in die Enge getrieben fühlten. Das liegt freilich nicht an den Handlungsmöglichkeiten, die es gibt (und die von den anwesenden PGR-Umweltbeauftragten ebenso aufmerksam wahrgenommen wurden wie vom Vogtareuther Bürgermeister Rudolf Leitmannstetter), sondern an der Not: Die Menschheit verbraucht jetzt bereits die Ressourcen von 1,6 Erden. Hauptsünder sind die Industrienationen wie Deutschland, das schon die Rohstoffe von 2,6 Erden aufzehrt.1 Das schaut also gar nicht gut aus.
Es ist sogar noch schlimmer: Der Living Planet Index zeigt, dass die Artenvielfalt deutlich schwindet. (Den Living Planet Report gibt es online in englischer Vollfassung und in deutschsprachiger Kurzfassung.) Zuletzt hat zum Beispiel eine Langzeitstudie aufgezeigt, dass der Insektenbestand seit 1989 um gewaltige 75 % zurückgegangen ist. (Darauf hatte auch Katharina Hauer in ihrer eindringlichen Predigt zu Leonhardi hingewiesen.) Hinzu kommt ein Problem, das als Treibhauseffekt bekannt ist: Wir setzen mehr Kohlenstoff (CO₂) frei, als die Natur binden kann – sehr viel mehr sogar. In Deutschland sind es rund 11 t – verträglich wären weniger als 2,5 t.2 Hofstetter sagte hier ehrlich: „Ich weiß nicht, wie das gehen soll.“
Aber es muss gehen, wenn wir Gottes Schöpfung in irgendeiner Weise „enkeltauglich“ (Hofstetter) hinterlassen wollen. Papst Franziskus hat auf der UN-Klimakonferenz in Lima 2014 bereits „einen klaren, endgültigen und unaufschiebbaren ethischen Imperativ, zu handeln“ („un claro, definitivo e impostergable imperativo ético de actuar“) formuliert. Hofstetter hakte bei diesem Wort ein und betonte, dass die Kirche in ihrer Schöpfungsverantwortung kompromisslos sein müsse. Kompromisslos heißt: das tun, was jetzt notwendig ist. Einem angefahrenen Kind helfen, auch wenn das den Verkehr aufhält. Nicht abwägen, nicht aufschieben, wie es die Politik tut, die – wie wir – viel zu oft als gegeben hinnimmt, war wir ändern müssen. Hofstetter sieht diesen franziskanischen Imperativ als „Kontrastprogramm zum herrschenden System“.
Dieses Kontrastprogramm hat Franziskus mit der Enzyklika Laudato si’ ausführlich begründet und ausgefaltet. Obwohl es „eher eine Sozialenzyklika, viel, viel eher“ (Hofstetter) ist, geht es doch insgesamt um die „Sorge für das gemeinsame Haus“. Und an sich sollte Christen die „Umkehr“ wohlvertraut sein. Die ökologische Umkehr ist geradezu überbegründet und uns aus eigentlich jeder christlichen Perspektive geboten, ob aus Barmherzigkeit, Nächstenliebe, purem Anstand (weil man anderen ihr Sach nicht kaputtmacht), aus göttlichem Fürsorgeauftrag und eben „Schöpfungsverantwortung“, ob aus Solidarität oder weil „unsere eigene Würde auf dem Spiel steht“ (Laudato si’, 160). Gerade Spiritualität bedeutet immer auch die „Achtung der Rhythmen […], die durch die Hand des Schöpfers in die Natur eingeschrieben sind“ (Laudato si’, 71).
Und nun: Danket alle Gott, mit Herzen, Mund – und Händen.
Florian Eichberger
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