Jes 12,2–6; Eph 1,3–10; Mk 6,7–13

Sternbittgang 2015

Liebe Kinder und Jugendliche, Schwestern und Brüder,

Vor Kurzem war ich beim Einkaufen. Ich habe mir am Eingang einen Korb genommen. Und als ich Gelbe Rüben hineinlegen wollte, habe ich gesehen: Da liegt ja ein voller Geldbeutel drin!

Nahkauf Wimmer, Prutting: Einkaufswagen
Und einen vollen Beutel gleich dazu.

Natürlich habe ich ihn gleich an der Kasse abgegeben. Aber auf dem Weg dorthin habe ich innerlich gegrinst und mir gedacht: Das ist ja ein guter Laden: Hier haben sie nicht nur die Waren, sondern legen auch gleich einen vollen Beutel dazu, damit man viel Geld hat, um sie zu kaufen.

Dann ist mir der Gedanke gekommen: Das ist ja fast ein biblischer Zustand, das ist fast wie eine Beschreibung von Gott: Gott schenkt uns das, was wir zum Leben brauchen und sogar noch mehr dazu, in Überfülle, wie eine Quelle, die immer sprudelt.

Davon haben die heutigen Bibeltexte erzählt:

Die erste Lesung hat uns diese Fülle deutlich vor Augen geführt: „Ihr werdet Wasser schöpfen voll Freude aus den Quellen des Heils.“ Die Quellen Gottes fließen und strömen und hören nicht auf, Wasser zu spenden. Diese Gedanken um die Quelle begleiten uns heuer das ganze Kirchenjahr. Wir sind eingeladen, zu schöpfen, uns zu erfrischen, einzutauchen in das Heil, das Gott für uns bereithält.

Im Evangelium ist diese Fülle Gottes erst auf den zweiten Blick zu erkennen: Jesus sendet seine Jünger aus und sagt ihnen: Nehmt nichts mit, keine Wandertasche, kein Geld, kein zweites Hemd, und verkündet meine frohe Botschaft.

Heißt das, die Jünger Jesu – und damit wir alle, die wir ihm nachfolgen wollen – dürfen nur ganz einfach, asketisch und ohne Besitz leben? Diese Schlussfolgerung greift, glaube ich, zu kurz. Es geht wohl vor allem darum, dass wir alles „daheim“ lassen, weglassen, was uns daran hindert, Herz und Seele für unbändige Lebenskraft und Lebensfülle zu öffnen, die Jesus uns schenken will.

Aus dieser Fülle und dieser inneren Quelle heraus konnten die Jünger Jesu Kranke heilen, das Böse entmachten und Leidenden zu neuem Leben verhelfen. Bis heute können Menschen, die aus der Kraft, aus der Quelle Gottes leben, Heilsames und Unglaubliches vollbringen.

Der Verfasser der zweiten Lesung war ganz sicher ein Mensch, der diesen inneren Reichtum, diese inneren Gottesquellen gespürt hat. Er stimmt ein Loblied an auf Gott, der „mit allem Segen seines Geistes“ gesegnet hat.

Mit allem Segen des Geistes – das ist genug, das ist mehr als genug. Aber so ist Gott. Er gibt uns alles, was wir brauchen, und sogar noch mehr – er legt uns – um an die Geschichte vom Anfang zu erinnern – beim Einkaufen noch gleich den vollen Geldbeutel mit dazu.

* * *

Wie geht es da uns? Können wir in dieses Loblied der Fülle Gottes, der übersprudelnden Quellen einstimmen?

Ich glaube, immer wieder.

Ganz gewiss dann, wenn wir Liebe erfahren – Liebe von Menschen und Liebe von Gott. Da kann das Herz so voll sein, dass es überfließt.

Sicher auch dann, wenn wir versuchen, aus einer Haltung der Dankbarkeit heraus zu leben: dankbar für das Leben, für die Mitmenschen, für die Natur, für die vielen großen und kleinen Dinge, die uns täglich begegnen.

Doch immer wieder haben Menschen auch das Gefühl: Es ist nicht genug, ich komme zu kurz: Ich werde zu wenig geliebt, zu wenig anerkannt, zu wenig geachtet. Wie schwer haben es Menschen, die so leben müssen – und es sind gar nicht so wenige.

Was wir da zu tun haben als Christen, hat Jesus uns vorgelebt: Einander mit Liebe und Wertschätzung zu begegnen, einander zu ermuntern und aufzubauen. Auch, wenn es mir schwerfällt, auch wenn mir der andere vielleicht nicht so sympathisch ist. Aus kleinen Gesten und Worten kann eine große Freude wachsen, eine Quelle aufbrechen, die andere aufleben lässt.

Leider gibt es auf der Welt auch viele Menschen, die haben tatsächlich zu wenig: Kaum genug um zum Überleben, viele müssen unter unmenschlichen Bedingungen arbeiten und werden ausgebeutet, hungernde Kinder, Jugendliche ohne Zukunftsperspektiven, Flüchtlinge, Arme, Kranke. Fülle lässt sich da nirgends entdecken.

Und doch: Wissenschaftler und Ökonomen sagen uns immer wieder, es wäre genug da. Genug für alle. Es ist nur ungerecht verteilt. Die reiche Hälfte der Weltbevölkerung verbraucht viel zu viel, für die andere bleibt zu wenig.

Mich macht das immer wieder ratlos. Was kann ich tun?

Ich kann wenigstens versuchen, in meinem kleinen Bereich mit meinen Möglichkeiten zu teilen und zu helfen, und weiß doch, dass noch mehr möglich wäre.

Und ich kann immer wieder und immer mehr versuchen, mich zu öffnen für die Fülle, die Gott in mein Herz gelegt hat – eine Fülle und einen Reichtum, die mir helfen, zu lieben und zu teilen – und den vollen Geldbeutel nicht für mich zu behalten.

* * *

Wenn ich von der Fülle spreche, dann ist mir das heute auch ganz persönlich gegenwärtig. Am Tag des Abschieds darf ich zurückblicken auf eine Zeit der großen Fülle und der reich sprudelnden Quellen hier im Pfarrverband: Unzählige wertvolle Begegnungen und Erfahrungen auf meinem Lebens- und Glaubensweg wurden mir geschenkt. Ein großes, herzliches Vergelt’s Gott dafür!

Ich wünsche euch und Ihnen allen, dass ihr diese Fülle, die aus Gott kommt, immer wieder spüren dürft und dass daraus Kraft zum Leben und Glauben erwächst. Amen.

Theresia Kreuzmeir

Veröffentlicht in alle, Glauben.

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